Wir leben und arbeiten in emotionalen Zeiten – und das nicht nur im Privatleben. Auch beruflich spielen Emotionen eine immer größere Rolle bei Kaufentscheidungen: Schon vor der Pandemie häuften sich die Beweise, dass B2B-Marken den Anschluss verpassen, wenn sie sich nicht emotional in Szene setzen.
Untersuchungen zeigen, dass B2B-Strategien, die an Emotionen appellieren, bis zu sieben Mal effektiver sind, um langfristige Verkäufe, Gewinne und Einnahmen zu erzielen.
Das Problem: Die meisten Marketingmaßnahmen im B2B-Bereich sind stark produkt- und unternehmensorientiert. Die technischen Eigenschaften stehen oft im Vordergrund, die gesamte Produktpalette wird neutral und objektiv dargestellt. Rationale und numerisch überprüfbare Fakten machen den Großteil der Kommunikation aus.
Emotionen beeinflussen Kaufentscheidungen
Damit stellen sich Unternehmen allerdings selbst ein Bein, denn: Tatsächlich kaufen 71 % aller B2B-Interessenten nur dann ein Produkt, wenn sie im Kauf auch einen persönlichen Wert sehen. Damit fällt der emotionale Wert bei Kaufentscheidungen tatsächlich stärker ins Gewicht als Logik und Vernunft – selbst bei vermeintlich „rationalen“ Entscheidungen.
Doch selbst, wenn nach objektiven Kriterien entschieden wird, verankern Emotionen B2B-Produkte nachhaltiger im Gedächtnis des Publikums, lassen ein Unternehmen sympathisch wirken und stärken die Glaubwürdigkeit von Marken.
Das spricht für emotionale Inhalte
Viel zu oft geht man vor allem im deutschsprachigen Raum davon aus, dass im B2B-Umfeld eine sachliche und seriöse Sprache die Basis für eine mögliche Zusammenarbeit sein muss. Das ist jedoch ein Trugschluss: Schließlich verkaufen Sie an Menschen, nicht an Unternehmen.
Es ist kein Unternehmen - eine unabhängige und emotionslose Einheit, die völlig rationale Entscheidungen auf der Grundlage technischer und objektiver Merkmale trifft -, das darüber entscheidet, ob ein Produkt gekauft wird oder nicht. Vielmehr sind es die Menschen innerhalb eines Unternehmens.
Mensch zu Mensch im B2B
Jedes B2B-Geschäft ist ein Geschäft zwischen Menschen, bei dem emotionale und subjektive Eigenschaften eine entscheidende Rolle spielen und den Unterschied ausmachen können, denn: Wenn ein Mensch ein Büro betritt, legt er seine grundlegenden Wünsche und Ängste nicht ab. Im Gegenteil, im beruflichen Umfeld können der Wunsch nach Sicherheit und die Angst um die eigene Existenz sogar noch zunehmen.
Zudem haben unterschiedliche Menschen unterschiedliche Bedrohungen, Ansprüche und Wünsche. Um die eigene Marketingkommunikation so effizient wie möglich zu gestalten, Unternehmen die Bedürfnisse und Ängste der Zielgruppe möglichst genau erfassen und in ihre Wortwahl einbauen.
Wichtig ist, dass Sie darüber nachdenken, wie Ihre Marketingstrategie mit den Emotionen der Nutzer interagiert. Wenn Sie das emotionale Verhalten Ihrer Zielgruppe verstehen, wird Ihre Marketingstrategie mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein – und Sie in der Beliebtheit (potenzieller) Kunden steigen lassen.
Die Angst vor zu viel Emotion
Im B2B-Bereich besteht nach wie vor eine große Hemmschwelle, sich nahbar und emotional zu geben. Drei Mythen machen den Umgang mit Emotionen im B2B-Bereich schwierig:
Mythos #1: Emotion beinhaltet eine sichtbare emotionale Reaktion
Mit dem Wort "emotional" tun man sich hier keinen Gefallen. Es verleitet uns zu der Annahme, dass Emotionen etwas sind, das man sehen kann: eine Person, die eine Träne wegblinzelt, ein breites Grinsen auflegt oder lacht.
Gerade im Business-Umfeld ist nicht der Fall: Emotionen, die Marketing hervorruft, können auch sehr subtil sein. So kann Vertrauen zu Ihrer Marke fassen, weil ihm Werbung gefällt und er sich von Ihrem Unternehmen verstanden fühlt.
Mythos #2: B2B-Produkte können keine emotionale Reaktion hervorrufen
Es ist eine alte Ausrede: die Vorstellung, dass Emotionen keine Rolle spielen, weil wir kein Parfüm, keine Mode oder eine andere konsumentenorientierte Kategorie verkaufen. Umfrage zufolge sagen 59 Prozent aller Sales-Mitarbeiter, dass Vertrauen einer der wichtigsten Faktoren für eine Kaufentscheidung ist.
Mythos #3: Emotionen sind nur eine Marketing-Taktik
Emotionen bilden einflussreiche Erinnerungen, von denen effektives Marketing abhängt. Doch das ist nicht alles, was Emotionen leisten: Sie lenken auch die Aufmerksamkeit - und helfen uns, Stimuli in Reaktionen umzuwandeln.
Das macht sie auch im Aktivierungsmarketing zu einem wichtigen Faktor: Nur weil Ihr Ziel darin besteht, jemanden dazu zu bringen, etwas zu tun, sind Emotionen nicht unwichtig. Es macht sie sogar zu einem noch mächtigeren Aktivposten.
Die wichtigsten Emotionen im B2B-Kaufprozess
B2B-Entscheidungsträgern sind die Ergebnisse für ihr Unternehmen wichtig - schließlich muss eine Lösung bestimmte funktionale Anforderungen erfüllen. Dennoch denken sie bei jedem Kauf auch an die persönlichen Folgen: Die Lösung muss dem Kunden helfen, seine Arbeit zu erledigen und ihn vor seinen Kollegen gut aussehen lassen.
Immerhin steht viel auf dem Spiel: Trifft ein Kunde eine falsche Entscheidung, kann er seinen Arbeitsplatz verlieren. Vor diesem Hintergrund spielen positive und negative Emotionen eine wichtige Rolle im B2B-Entscheidungsprozess.
Positive Emotionen
Persönliche Beziehung
Geschäftskunden bevorzugen wie Verbraucher Marken, zu denen sie eine Affinität haben. Mit anderen Worten: Sie bevorzugen Marken, die…
… zeigen, dass sie den Käufer verstehen
… ähnliche Werte und Verhaltensweisen haben
… den Ton und die Sprache des Käufers widerspiegeln
Einige Einkäufer bevorzugen Marken, die zum selben Ökosystem gehören wie sie, oder treffen Kaufentscheidungen auf Grundlage regionaler Vorlieben und bevorzugen Anbieter, die im selben Land ansässig sind.
Vertrauen und Bequemlichkeit
Einkäufer bevorzugen Lieferanten, mit denen sie bereits zusammengearbeitet haben. Ebenso arbeiten sie eher mit Marken zusammen, wenn sie eine persönliche Beziehung zu ihnen haben. Dabei spielt nicht nur Vertrauen eine große Rolle, auch Bequemlichkeit ist wichtig. Entscheidungsträger in Unternehmen arbeiten eher mit Anbietern zusammen, die …
… in der Branche bekannt und respektiert sind
… als stabil wahrgenommen werden
… ihre Autorität, ihr Fachwissen oder ihre Vertrauenswürdigkeit während des Verkaufsprozesses unter Beweis stellen.
Spannung und Neugier
Geschäftskunden wollen nicht einfach nur wiederholen, was sie in der Vergangenheit getan haben - sie sind an neuen Ideen interessiert. Sie wollen sich in eine Vision von einer besseren Zukunft einkaufen, sei es für ihr Unternehmen, für sie als Einzelpersonen oder für die Welt.
Kunden können auch durch die Aussicht auf eine Belohnung auf Unternehmens- oder individueller Ebene beeinflusst werden. Ein Beispiel: Ein geschäftlicher Entscheidungsträger bucht einen Flug bei einer teureren Fluggesellschaft, weil er mehr Meilen hat und ein Upgrade erhalten kann.
Stärkung des Ego
Wenn Sie als Verbraucher eine Marke kaufen, kann diese etwas darüber aussagen, wer Sie als Person sind. Bestimmte Marken vermitteln zum Beispiel, dass der Käufer nach oben strebt. Diesen Ausdruck des eigenen Egos gibt es auch auf B2B-Märkten: Wenn ein kleines Unternehmen eine prestigeträchtige Marke kauft, die normalerweise an größere Unternehmen verkauft wird, kommuniziert es damit seine Absicht, zu wachsen und sich zu verbessern.
Negative Emotionen
Furcht, Angst und Besorgnis
Bei Unternehmenskäufen steht oft mehr auf dem Spiel als bei Verbraucherkäufen. Die Folgen eines Misserfolgs können sowohl für den Einzelnen als auch für das Unternehmen groß sein. Diese Angst vor dem Scheitern wird durch Ungewissheit noch verstärkt: Wenn Sie ein neues Produkt kaufen, wissen Sie nicht, wie das Ergebnis aussehen wird. Veränderungen können schmerzhaft sein und die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter erhöhen.
Infolgedessen leiden B2B-Käufer häufig unter Verlustaversion. Diese von Amos Tversky und Daniel Kahneman erstmals beschriebene Tendenz bedeutet, dass eine Person eher dazu neigt, Maßnahmen zu ergreifen, um Verluste zu vermeiden, als Gewinne zu erzielen. Eine wichtige Erweiterung dieses Phänomens ist die Status-quo-Verzerrung, bei der Entscheidungsträger es vorziehen, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind, indem sie nichts tun oder eine bereits getroffene Entscheidung beibehalten.
Außerdem mögen viele Menschen keine Konfrontationen und versuchen, sie um jeden Preis zu vermeiden. Dies wirkt sich unweigerlich auf ihre Verhandlungsbereitschaft aus.
Dissonanz und Misstrauen
Käufer meiden Marken, die sie nicht verstehen, die abweichende Werte und Verhaltensweisen haben oder in einem anderen Ökosystem arbeiten.
Apathie
Vertriebs- und Marketingteams vergessen manchmal, dass die Menschen, an die sie verkaufen, nicht unbedingt so viel über ihre Produkte nachdenken wie sie selbst. In der Tat sind einige Käufer völlig apathisch. Es gibt einige Gründe für diesen Mangel an Begeisterung:
Der Kunde erkundet mögliche Optionen, ist aber nicht am Kaufabschluss beteiligt, also nicht voll in den Prozess involviert
Mangel an persönlichem Interesse, etwa wenn ein Produkt niedrige Priorität und geringe Auswirkungen im Unternehmen hat.
Schuldgefühle
Schuldgefühle wirken sich vor allem im Rahmen persönlicher Beziehungen auf die Entscheidungsfindung aus, vor allem, wenn ein Kunde eine Entscheidung trifft, die für ihn als Einzelperson und nicht für das Unternehmen als Ganzes am besten ist.
Unsicherheit
Auf B2B-Märkten stehen die Käufer oft vor komplexen Entscheidungen. Das Produkt, das sie kaufen, kann unglaublich kompliziert sein, und es gibt vielleicht nur wenige Informationen, auf die sie sich stützen können.
Ebenso mangelt es ihnen eventuell an Fachwissen über die jeweilige Kategorie. Besonders schwerwiegend ist eine Entscheidung, wenn mehrere Interessengruppen beteiligt sind. Je mehr Personen beteiligt sind, desto schwieriger ist es, einen Konsens zu erzielen.
Wut und Frustration
Lieferanten können sich manchmal negativ auf eine Kaufentscheidung auswirken, indem sie Wut oder Frustration bei den Kunden hervorrufen. Dafür gibt es eine Reihe von Hauptursachen:
Sie sind desinteressiert oder arrogant
Sie machen den Kaufprozess unnötig kompliziert
Sie sind schwierig in der Zusammenarbeit
Sie stellen nur begrenzte Informationen zur Verfügung und sind nicht transparent.
Rache und Bestrafung
Die meisten Kaufentscheidungen im B2B-Bereich haben Auswirkungen auf mehrere Abteilungen. Beteiligt sind neben den Käufern selbst auch die Nutzer des Tools sowie jene Abteilung, die das Produkt in bestehende Lösungen integrieren muss.
Die an dem Prozess beteiligten Personen wollen möglicherweise intern ein Zeichen setzen und könnten Prozesse blockieren, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Sichtweise ignoriert wurde.
Auch interne Querelen können Kaufprozesse in die Länge ziehen und dafür sorgen, dass nicht die beste Lösung, sondern das größte Ego die Entscheidung trifft.
So setzen Sie Emotionen in Ihrer Marketingstrategie ein
Um Emotionen im B2B-Marketing gekonnt einzusetzen, müssen Sie wissen, welche Gefühle genau Sie ansprechen wollen und wie Sie sie in Ihre Marketingstrategien einbauen. Denn: Einige Contentformate eignen sich besser als andere, um emotionale Inhalte zu erfassen.
So tragen Thought-Leadership-Inhalte, die Emotionen ansprechen, vor allem dazu bei, die Verbindung zwischen dem Unternehmen und seiner Zielgruppe zu stärken, und bauen Glaubwürdigkeit auf.
Um herauszufinden, welche Emotionen Sie ansprechen sollten, eignet sich Social Listening hervorragend. Beobachten Sie aktuelle Gespräche, über Ihre Zielgruppe in sozialen Netzwerken führt. Wenn das Thema und Meinung Ihrer Zielgruppe kennen, können Sie entsprechend emotional darauf reagieren – aber nur, wenn Sie sich in die Lage Ihrer Zielgruppe versetzen.
Nur wenn Sie die Gefühle Ihrer Zielgruppe verstehen, werden Ihre Strategien von Erfolg gekrönt sein.
Fazit: Nutzen Sie die Emotionen, die Ihnen zur Verfügung stehen
Emotionen im B2B-Bereich sind für den Erfolg Ihrer Marketingkampagnen und den Aufbau eines loyalen Kundenstamms unerlässlich. Es ist nicht nur der Inhalt Ihres Marketings, der Emotionen hervorruft - es geht darum, wie Ihr Marketing mit den Emotionen interagiert, die die Menschen bereits haben.
Inhalte existieren in einem emotionalen Vakuum. Vielmehr empfinden Menschen aufgrund Ihrer Anzeigen, Inhalte und Kundenerfahrungen bereits etwas für Ihre Marke. Wenn Sie diese emotionale Ausgangssituation verstehen, gelingt es Ihnen wahrscheinlicher, die gewünschte emotionale Reaktion zu erzeugen und dafür sorgen, dass sich Zielgruppen, Kollegen und Unternehmen besser fühlen.
Vergessen Sie nicht, dass Sie an Menschen vermarkten, die auf der Grundlage von Gefühlen handeln und ihre Handlungen dann mit Logik rechtfertigen - selbst im B2B-Bereich. Emotionen und Logik haben beide ihren Platz im Content Marketing. Die Kunst besteht darin, sowohl die zugrunde liegenden Bedürfnisse Ihrer Kunden als auch ihre geschäftlichen Anforderungen anzusprechen.
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